Hymne russischer Gerichtsvollzieher
Verfasst: Mi 19. Nov 2008, 13:49
Hymne russischer Gerichtsvollzieher
Das Lied, dein Freund und Führer
Von Kerstin Holm
11. November 2008 Anlässlich der Finanzkrise, die viele Kreditnehmer zahlungsunfähig macht, brauchen Russlands Gerichtsvollzieher nicht nur neue Vollmachten, sondern auch eine eigene Hymne. Die amtlichen Geldeintreiber, deren Vorstand aus aktuellem Anlass Gesetze forderte, die es erlauben, Schuldner auszuspionieren, ihren Führerschein zu konfiszieren oder sie ins Gefängnis zu werfen, sollen für ihr Tun eine musikalische Stütze erhalten. Das offizielle Gerichtsvollzieherlied muss auf einem allrussischen Kompositionswettbewerb noch ermittelt werden, doch der Favorit steht jetzt schon fest. Es ist die vor wenigen Tagen uraufgeführte Hymne der Gerichtsvollzieher des jüdischen Autonomiebezirks im ostsibirischen Birobidschan, zu der ihr Tonsetzer Naum Livant auch die Textstrophen verfasste.
Im fernen Birobidschan, das Stalin in den dreißiger Jahren jüdisch kolonisierte, wurden schon so manche korporative Hymnen ersonnen, etwa das Lied der Polizeispezialeinheiten oder das der Finanzbeamten. Naum Livant, dem Russland auch seine Hymne der Melioratoren in der Landwirtschaft verdankt, studierte für die Gerichtsvollzieherkomposition zunächst ausgiebig deren Statut und begleitete die Beamten bei Einsätzen. Das inspirierte Livant zu Versen von den Gerichtsvollziehern als Sicherheitsgaranten, die fahnden, verfolgen und bei Bedarf „erlaubte“ Gewalt anwenden. „Bei Vollzug erst tritt das Urteil voll in Kraft“, trällert das Lied. „Das ist es, was unsre Behörde schafft. Dabei sind unsere Herzen rein“, versichern die Gerichtsvollzieher. „Wir dienen unsrem Land allein.“
Die Gerichtsvollzieher von Birobidschan sind von ihrer Hymne begeistert, Chefin Jelena Sautina bekommt beim Singen erklärtermaßen eine Gänsehaut. Russische Gerichtsvollzieher stoßen immer häufiger auf Widerstand von Schuldnern, die ihre Wohnung verbarrikadieren, sie mit ansteckenden Krankheiten bedrohen, sich gar tot melden. Der Schriftsteller Limonow, dem Gerichtsvollzieher Hausrat wegnahmen, weil er dem Moskauer Bürgermeister Luschkow wegen Rufschädigung Geld schuldet, nennt die Gerichtsvollzieher Schurken.
Soeben wies Präsident Medwedjew auch die Polizei vorsichtshalber an, mögliche Proteste von Opfern der Wirtschaftskrise auf jeden Fall niederzuschlagen. Schon in Stalins nicht eben leichten Zeiten wusste man, wie damals Ljubow Orlowa euphorisch sang, dass ein Lied – wie heute das der Gerichtsvollzieher oder der Polizeispezialeinheiten – eine Art Freund und Führer sei, mit dem einen nichts aus der Bahn werfen kann.
Text: F.A.Z.
Quelle: fax.net
Das Lied, dein Freund und Führer
Von Kerstin Holm
11. November 2008 Anlässlich der Finanzkrise, die viele Kreditnehmer zahlungsunfähig macht, brauchen Russlands Gerichtsvollzieher nicht nur neue Vollmachten, sondern auch eine eigene Hymne. Die amtlichen Geldeintreiber, deren Vorstand aus aktuellem Anlass Gesetze forderte, die es erlauben, Schuldner auszuspionieren, ihren Führerschein zu konfiszieren oder sie ins Gefängnis zu werfen, sollen für ihr Tun eine musikalische Stütze erhalten. Das offizielle Gerichtsvollzieherlied muss auf einem allrussischen Kompositionswettbewerb noch ermittelt werden, doch der Favorit steht jetzt schon fest. Es ist die vor wenigen Tagen uraufgeführte Hymne der Gerichtsvollzieher des jüdischen Autonomiebezirks im ostsibirischen Birobidschan, zu der ihr Tonsetzer Naum Livant auch die Textstrophen verfasste.
Im fernen Birobidschan, das Stalin in den dreißiger Jahren jüdisch kolonisierte, wurden schon so manche korporative Hymnen ersonnen, etwa das Lied der Polizeispezialeinheiten oder das der Finanzbeamten. Naum Livant, dem Russland auch seine Hymne der Melioratoren in der Landwirtschaft verdankt, studierte für die Gerichtsvollzieherkomposition zunächst ausgiebig deren Statut und begleitete die Beamten bei Einsätzen. Das inspirierte Livant zu Versen von den Gerichtsvollziehern als Sicherheitsgaranten, die fahnden, verfolgen und bei Bedarf „erlaubte“ Gewalt anwenden. „Bei Vollzug erst tritt das Urteil voll in Kraft“, trällert das Lied. „Das ist es, was unsre Behörde schafft. Dabei sind unsere Herzen rein“, versichern die Gerichtsvollzieher. „Wir dienen unsrem Land allein.“
Die Gerichtsvollzieher von Birobidschan sind von ihrer Hymne begeistert, Chefin Jelena Sautina bekommt beim Singen erklärtermaßen eine Gänsehaut. Russische Gerichtsvollzieher stoßen immer häufiger auf Widerstand von Schuldnern, die ihre Wohnung verbarrikadieren, sie mit ansteckenden Krankheiten bedrohen, sich gar tot melden. Der Schriftsteller Limonow, dem Gerichtsvollzieher Hausrat wegnahmen, weil er dem Moskauer Bürgermeister Luschkow wegen Rufschädigung Geld schuldet, nennt die Gerichtsvollzieher Schurken.
Soeben wies Präsident Medwedjew auch die Polizei vorsichtshalber an, mögliche Proteste von Opfern der Wirtschaftskrise auf jeden Fall niederzuschlagen. Schon in Stalins nicht eben leichten Zeiten wusste man, wie damals Ljubow Orlowa euphorisch sang, dass ein Lied – wie heute das der Gerichtsvollzieher oder der Polizeispezialeinheiten – eine Art Freund und Führer sei, mit dem einen nichts aus der Bahn werfen kann.
Text: F.A.Z.
Quelle: fax.net